Sport im Flug

Geschrieben von Markus Müller

Wenn der Drucker ungefragt loslegt heisst das oft schlechtes Wetter, technische Probleme, knappe Anschlüsse oder Information über ungültige Kreditkarten für den duty-free Verkauf. Es kann sogar sein, dass Ingenieure aus Zürich auf ein technisches Problem aufmerksam machen, das sich für den Piloten noch nicht einmal manifestiert. Unzählige technische Daten werden ständig über Satellit an die Homebase übermittelt und dort analysiert.

Nach dem Start in Johannesburg haben wir mit einer MD-11 eine Gewitterwolke umflogen. Trotzdem wurden wir von einem Blitz getroffen. Das ist im faradayschen Käfig eigentlich kein Problem aber man erschrickt gewaltig und ist unsicher ob die Triebwerke noch laufen, da es nach dem lauten Knall beängstigend ruhig ist. Obwohl wir auf den Instrumenten keine Abnormitäten feststellten spukte besagter Drucker kurz darauf den Hinweis aus, wir sollten die Triebwerk Daten von Nummer zwei überprüfen wegen der Warnung eines Engine Stalls. Dieser Strömungsabriss moderner Triebwerke mit grossem Luft Durchsatz ist gefürchtet, kann doch das Triebwerk beschädigt werden oder es feuert hinten heraus. In dem Fall konnten wir Entwarnung geben. Das Phänomen war bekannt für dreimotorige Flugzeuge. Der Blitzschlag schnitt dem Triebwerk am Schwanz mit seinen schwierigen Strömungsverhältnissen für einen kurzen Moment die Luft ab was sich in einem Stall oder kurzem stottern äusserte. Auf dem Heimflug von Delhi spukte der Drucker hingegen erfreuliche Nachrichten aus. „14.Feb 2130Z to all aircraft in the air Sotchi Resultate. Langlauf Gold, Kombination Gold, Biathlon Silber.” Um den unzähligen Anfragen zuvor zu kommen werden die Resultate grosser Sportereignisse an alle Flugzeuge in der Luft übermittelt.  Ausser es sitzt gerade ein Sport Muffel in der Einsatzleitstelle. Übrigens 2130Z heisst nachts halb elf in Zürich oder halb zwei Nachmittags in L.A. Alle Flugzeuge dieser Welt die nach Instrumentenflug Regeln fliegen haben diese Zulu oder Greenwich Time auf Bord Uhr und Computern eingestellt. Nur so kann der Welt weite Flugverkehr überhaupt sicher koordiniert werden. Und deshalb braucht ein echter Pilot die Fliegeruhr höchstens im Ausgang. Kurz darauf überflogen wir Sotchi. Der leuchtende Fleck, elftausend Meter unter uns am Ufer des schwarzen Meers, wurde plötzlich bedeutungsvoll. Wir zeigten unsere Anerkennung mit Scheinwerfer und  Flügelwackeln. Unsere Passagieren überraschten wir damit beim Morgenessen. Sport im Ausland hat einen besonderen Reiz und weckt Vaterlandsgefühle. Und Emotionen. Etwa Fussball in Brasilien. Mein Lieblingsstadium war das Maracana in Rio. Die Spieler waren zwar winzig klein und weit weg aber die Stimmung inmitten von hunderttausend Fans wo jeder noch seinen Lieblings Sender mit seinem Lieblings Reporter am Ohr hat war einmalig. Reporter im Wettbewerb wer am längsten Goooool schreien kann ohne Luft zu holen. Man durfte einfach nicht verpassen eine halbe Stunde vor Spielende das Stadion zu verlassen sonst dauerte es Stunden. Verlor Brasilien, versank Rio in Trauer, nach dem Sieg brach auf der Copacabana  Samba Fieber aus. Lautsprecherwagen fuhren auf, Trink- und Essstände wuchsen aus dem Boden.

Sport stärkt Nationalstolz

Über vier Stunden fieberten wir drei Piloten in einer Bar in Bangkok am Bildschirm mit unserem Roger. Und alle vier hatten einen etwas komischen Gang nach dem Sieg. Bei der letzten Fussball WM feuerten wir zum missfallen der anderen Gäste Ghana an. Als wirklich keine Hoffnung mehr bestand wechselten wir die Fronten und klatschten bei den Deutschen Toren. Sehr zum gefallen unserer Mitgäste und des Restaurant Besitzers der nicht locker liess bis wir seine schwarz-rot-gold T-Shirts überstreiften. In den USA steht die Welt still wenn der super Bowl im Gange ist. Alle leben Baseball, Basketball und Football, nicht zu verwechselnd mit Fussball der gar nicht interessiert, mit. Es sind gesellschaftliche Ereignisse und dauern ewig lange. Nicht wegen der Spiellänge sondern wegen der ständigen Unterbrüche für die Fernsehwerbung. Aber auch im Stadium sind die zeitlich dominierenden Pausen sehr erwünscht von der Fastfood Industrie. So gross der Nationalstolz bei sportlichen Ereignissen ist, so rasch bröckelt er wenn es um den Fiskus geht der seine Hände mittlerweile in die Taschen seiner Bürger steckt wo immer sie sich befinden. Kürzlich hat mich ein Copilot auf dem Flug nach Chicago gewarnt, er hoffe es ja nicht aber es könnte ein paar Fragen geben bei der Einreise, da er seinen US Pass vor einer Woche abgegeben habe und schwören musste, nie wieder einen zu beantragen. So erstrebenswert und unerreichbar es für uns früher war eine amerikanische Greencard zu bekommen, so eifrig versuchen heute viele diese oder den Pass wieder los zu werden. Die Angst steuerlich belangt zu werden oder etwas, wenn auch unbeabsichtigt, falsch gemacht zu haben ist zu gross. Er habe seine Doppelbürgerschaft, damals bei der Geburt in den USA von seinen Schweizer Eltern noch gefeiert, schliesslich in Frankfurt los werden können bei jahrelanger Wartefrist in der Schweiz. Sieben Jahre zurück habe er die Schweizer Steuererklärung im amerikanischen komplizierten System deklarieren müssen um gnädigst aus der Staatsbürgerschaft entlassen zu werden. Der Anwalt dafür habe ihn zwanzigtausend Franken gekostet. Gelöscht wurde er offenbar gründlich denn es gab keine Fragen

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